Haushalt 2022: Rede von Hermann Forster, Stadtkämmerer
icon.crdate05.06.2023
Das Pandemiegebot des Vorjahres „kurz und knapp“ will ich auch dieses Jahr beachten, obwohl der Haushalt 2022 der letzte sein wird, dessen Vollzug ich noch vollumfänglich begleiten kann.
Haushalt 2022: Rede von Hermann Forster, Stadtkämmerer
Das Pandemiegebot des Vorjahres „kurz und knapp“ will ich auch dieses Jahr beachten,
obwohl der Haushalt 2022 der letzte sein wird, dessen Vollzug ich noch vollumfänglich
begleiten kann.
Nächstes Jahr um diese Zeit gilt dann für mich eher die Devise „Wer nichts mehr zu sagen hat, soll trotzdem schweigen“ und daran werde ich mich auch halten und Ihnen keine „Schecks für die Zukunft“ mehr vorschlagen – was Sie von einem „Fast-Pensionär“ dann wohl auch gar nicht mehr hören wollen.
Auch für 2022 war es, denke ich, sinnvoll, die Haushaltsthemen in ihrer Fülle und Komplexität nicht erst zum Zeitpunkt der ultimativen Haushaltsberatungen aufzuarbeiten, sondern schon im Vorfeld bei Stadtratsklausuren und thematischen Vorbesprechungen. Auf dieser Basis konnte für 2022 ein Haushalt aufgestellt werden, der mit dem Prädikat „solide und stabil“
bezeichnet werden kann.
Dass dies so ist, liegt zu einem großen Teil auch an der überaus positiven Entwicklung im vergangenen Jahr. Wer hätte gedacht, dass wir bei der Gewerbesteuer Rekordeinnahmen erzielen und trotz verbreiteter Kurzarbeit im Frühjahr 2021 keine Einbrüche bei der Einkommensteuerbeteiligung folgen?
Auch hier gilt ein altes Sprichwort: „Erstens kommt es anders und zweitens als man denkt“ – aber wenn die Auswirkungen positiv anders kommen, ist das leicht zu verkraften. Nur ein Kämmerer wäre nicht ein Kämmerer, wenn er nicht darauf hinweisen und mahnen würde, dass es auch wieder einmal bergab gehen könnte und die Haushaltsentwicklung, vielleicht sogar kurzfristig, ins Negative umschlägt.
Dies sollte immer ins Kalkül gezogen werden, was sich auch für 2022 in der vorsichtigen
Einschätzung von Ausgaben und Einnahmen seitens der Kämmerei niederschlägt. Die Vorzeichen für eine Entwicklung des Haushalts 2022 im vorgegebenen Rahmen stehen derzeit (noch?) gut, aber:
- die Pandemie ist noch nicht vorbei,
- die Klimakrise mit ihren Kostenwirkungen nicht annähernd eingepreist,
- die Flüchtlingsbewegungen nur „verpflastert“, aber nicht therapiert und
- die Auswirkungen des Ukraine-/Russlandkonflikts noch gar nicht absehbar.
Wer denkt, das hat doch nichts mit dem Tölzer Haushalt zu tun, der täuscht sich schwer, wie Coronakosten oder Energiepreise schon jetzt deutlich zeigen. Bei den Finanzausgleichssystemen hängen wir sowieso immer am seidenen Faden der Gesamtfinanzentwicklung in Bund und Land. Aber auch direkt im Hoheitsbereich der Stadt ist festzustellen, dass die Aufgaben und Anforderungen eher mehr als weniger werden. Deshalb ist und bleibt wichtig, die finanzielle Balance zu halten, was nur geht, wenn priorisiert wird und nicht alles, was gefordert oder gewünscht auch gleich beschlossen und umgesetzt wird.
Dass dies nicht so ganz leicht ist, zeigt auch der Haushalt 2022 mit zusätzlichen Ausgaben für zum Beispiel:
- TIZIO
- Markenprozess
- erweiterter Sicherheitsdienst,
- Vandalismus (Schmierereien, öffentliche Toilettenanlagen)
- Klimaprojekte/-beirat
- Baumpflege
- Gerichts- und Anwaltskosten
- Kulturfonds
- Veranstaltungen zur Belebung der Innenstadt
- Digitalisierung
- Sicherheitssoftware
- Homepage
Und selbst Corona belastet den Haushalt 2022 weiterhin spürbar, unter anderem mit dem Einkauf von Testkits, Kosten für Sicherheitsdienst, unabdingbaren Finanzhilfen wie zum Beispiel Pachtausfall EGT oder Marionettentheater und Verlusten bei Kur- und Fremdenverkehrsbeiträgen sowie Parkgebühren.
Zu allem Übel gibt es noch ein „Damoklesschwert“, das über uns hängt, und zwar in Form der Neuregelung der Umsatzsteuer für Kommunen. Diese greift ab dem 1.1.2023, muss aber jetzt zeitnah „aufs Gleis gesetzt“ werden. Neben einem enormen Verwaltungsaufwand, der sich durch alle Abteilungen ziehen wird, sind auch Weichenstellungen finanzieller Art notwendig, wenn die Stadt die „Zeche“ (Umsatzsteuer) nicht mit Haushaltsmitteln begleichen will. Hier werden noch dieses Jahr Beschlüsse zu Parkgebühren, Kurbeiträgen und anderen Entgelten anstehen.
Lassen Sie mich noch einige Worte zu den Investitionsprojekten im aktuellen Jahr und darüber hinaus sagen: 2022 werden Großprojekte wie die Jahnschule mit Probenraum Stadtkapelle, die Bairawieser Straße und der 1. Bauabschnitt im Gries ihren Abschluss finden.
Daneben werden viele kleinere Projekte, die aber auch spürbare Auswirkungen zum Wohle der Bürger und Bürgerinnen oder zur Steigerung des Ortsbilds und der Aufenthaltsqualität
haben, umgesetzt oder zumindest begonnen – die Wichtigsten:
- Glasfaseranbindung Schulen und Kurhaus
- Ausbau Spielräume (erster Teil der Konzeptumsetzung)
- Barrierefreier Umbau der ersten Bushaltestellen
- Modernisierung der Beleuchtung in der Altstadt
- Erster Teil der Umsetzung des Leitsystems
- Sicherheitsbeleuchtung Parkdeck
- Beschilderung Wanderwege
- Zweiter Bauabschnitt zum Entdeckerpfad am Blomberg
- Ausbau Infrastruktur Breitband
- Planung Kurhaus
- LED-Flutlicht Sportplätze
Trotz meiner Worte zu Beginn, ich meine die „Schecks für die Zukunft“, will ich doch noch auf einige Maßnahmen der Zukunft hinweisen, die zeigen, dass der Stadtrat auch nach meinem Ausscheiden noch gefordert sein wird. Im Ausblick stehen Themen an, die große Chancen bieten, aber einen enormen Finanzbedarf erfordern und nur mit Disziplin und Kreativität bei der Finanzierung lösbar sein werden. Ohne Wertung oder Priorisierung (nur mit einem P versehen für Pflichtaufgabe):
- Wohnprojekte (u. a. Arzbacher Straße, Alter Bahnhofplatz)
- Entwicklung Flinthöhe (nach Bau Nordspange)
P - Neubau Lettenholzschule mit Bürgerzentrum
P - Weitere Kindertagesstätte (im Badeteil?)
P - Umsetzung Ganztagsbetreuung Grundschule ab 2026
P - Hochwasserschutz Rehgraben/Ellbach und Gries
- Ausbau Kurhaus in Verbindung der Zukunft des Kleinen Kursaals
- Neubau Jugendcafé
- Bewegungshalle für TV
- Städtebauliche Maßnahmen (Hindenburgstraße, Bahnhofvorplatz, Max-Höfler-Platz, Bauabschnitte zwei und drei im Gries, Kirchenplatz in Verbindung mit
Alter Madlschule)
- Parkdeck Osterleite
- Sanierung Marionettentheater
- Entwicklung Moraltgelände (Folgekosten?)
- Ausbau Seniorenzentrum Josefistift nach Umzug Pflegeheim
(städtische Beteiligung?)
- Stadtbad Flinthöhe (städtische Beteiligung?)
Also, liebe Mitglieder des Stadtrates, es wird Ihnen wahrlich nicht langweilig werden und ich werde aufmerksam aus dem tiefen Westen beobachten, welche Investitionen „in meiner Stadt Bad Tölz“ Fahrt aufnehmen. Aber ich kann Sie beruhigen – auch, wenn mir die Entscheidungen persönlich einmal nicht gefallen sollten, ich werde keine Leserbriefe schreiben und meine Kommentare aus der Öffentlichkeit heraushalten, denn: „Wer nichts mehr zu sagen hat, soll trotzdem schweigen!“
Zum Schluss nochmal zurück zum Haushalt 2022: Die wesentlichen Fakten und Ergebnisse sind genannt oder aus dem Vorbericht und den Sitzungsunterlagen zu entnehmen. Die Bewertung bleibt Ihnen vorbehalten, wobei es die Kämmerei – wie jedes Jahr – schon freuen würde, wenn die heurige Haushaltsplanung auf einem einstimmigen Votum basiert. Falls noch Aufklärungsbedarf oder Fragen bestehen, stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.
Abschließend möchte ich mich bei allen bedanken, die an der Erstellung des umfangreichen Werks beteiligt waren, besonders bei den Referaten und Dienststellen für die Mitarbeit und das Verständnis in einer durchaus herausfordernden Zeit. Ganz explizit möchte ich auch
meinen Mitarbeiterinnen Frau Furmanek und Frau Schampel Dank sagen, ohne ihre Unterstützung wäre das Zahlenwerk sicher nicht so übersichtlich und so gut in Form gebracht.
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!